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Die Hagos informiert

Lieferengpässe durch Corona

Redaktion: Herr Tigges, im Bestand der Hagos sind insgesamt fast 30.000 Artikel, wo klemmt‘s aktuell besonders?

Ralf Tigges: Stark nachgefragte Produkte sind vor allem Waren, die mit der Modernisierung von Kachelöfen zu tun haben. Die BImSchV hat vor einem Jahr zu einer explosionsartig ansteigenden Nachfrage geführt. Um dies auszugleichen, brauchte es eine Kapazitätserweiterung, die nur mit einem zeitlichen Verzug umgesetzt werden konnte. Dementsprechend gingen die Lieferzeiten langsam aber stetig nach oben – bei einzelnen Geräten auf bis zu 14 Wochen und mehr.

Bedauerlich ist, dass wir trotz enormer Anstrengungen der Hersteller und deren Kapazitätssteigerungen aktuell noch nicht in der Lage sind, den hohen Auftragsbestand zügig auszuliefern. Dies gilt ebenfalls für die Hersteller von Rauchrohren, die ihrerseits mit Hochdruck produzieren.

Auch im ersten Quartal 2021 setzt sich die außerordentlich hohe Nachfrage fort. Gleichzeitig haben wir es mit teilweise gravierenden Engpässen bei den Zulieferprodukten für unsere Industrie zu tun, was die Produktion wiederum (aus)bremst.

Wir versuchen mit dem eigenen Newsletter, dem Hagos-Infomail, unsere Kunden wöchentlich, zumindest näherungsweise über die Verfügbarkeit bestimmter Produkte zu informieren und zeigen Veränderungen in der Verfügbarkeit auf, denn die Kapazität ist mittlerweile ausgebaut und könnte die Nachfrage bedienen.

Redaktion: Könnte? Branchenkenner berichten, dass nicht nur fehlende Heizeinsätze für Aufregung und Unmut sorgen: Es liegt so manches im Argen.

Ralf Tigges: Ja, mittlerweile kommt zur Pest noch die Cholera – will sagen Corona. Durch die Pandemie wurden ganze Branchen in Kurzarbeit gezwungen, so hat die Stahlindustrie Werke in Europa heruntergefahren, beziehungsweise außer Betrieb genommen. Anfangs zeigte das noch keine Auswirkung, da die Lager gut gefüllt waren. Mittlerweile haben wir bei Zukaufteilen für die Produktion, bei Ausmauerungen und Glas aber teilweise einen temporären Totalausfall, der nicht kompensiert werden kann.

Nun könnte man argumentieren, dass ein anderer Lieferant für diese Teile gefunden werden kann. Doch was bei Serienteilen in großer Stückzahl gut möglich ist, gilt bei den für unsere Branche üblichen Kleinserienprodukten nicht. Meist werden die Teile nur für uns gefertigt! Deshalb ist es aus betriebswirtschaftlichen Gründen oft nicht möglich, mehrere Lieferanten für Zukaufteile zu halten.

Man mag es nicht glauben, aber auch in unseren Produkten stecken immer mehr Hightech-Artikel, die so einfach nicht mehr aufzutreiben waren. Das betraf unter anderem elektronische Bauteile von Ofen-steuerungen, Unterdruck-Controler oder Abluft-Sicherheitsschalter. Als ein Resultat daraus konnten wir die Bestellungen aus unserem Februarangebot erst im März zur Auslieferung bringen – alles sehr ärgerlich, aber auch nicht vorhersehbar. Bei unserem Angebotsartikel hat das Schicksal gleich doppelt zugeschlagen: zuerst waren die Prozessoren nicht ausreichend zu beschaffen, dann hat uns die Grenzschließung nach Tschechien erwischt, da unser Lieferant im benachbarten Ausland produzieren lässt! Oder ein anderes Beispiel: Bestätigte Lieferungen für Ausmauerungen mussten vom März in den April und Mai verschoben werden. Grund: das neu angefertigte Presswerkzeug für die Formengebung musste nachgearbeitet werden. Ebenfalls sehr ärgerlich, aber gleichwohl immer mal wieder möglicher Vorfall bei gepressten Formteilen.

Redaktion: Als führender Großhandel in unserer Branche hat die Hagos natürlich sehr enge Beziehungen zu den Herstellern. Worauf müssen wir uns in den nächsten Monaten noch einstellen?

Ralf Tigges: Bei den Rohmaterialien (Stahl und Stahlschrott für den Ofenguss), stehen uns die schwierigsten Monate noch bevor. Immer wieder müssen Liefertermine geschoben werden, weil das Rohmaterial nicht verfügbar ist oder die Materialqualität nicht den Anforderungen entspricht. Bei der Herstellung von Rauchrohren wird das beispielsweise erst in der Produktion erkennbar. Die Industrie kämpft weiterhin mit krankheitsbedingten Kapazitätsausfällen und gerissenen Lieferketten. Für einige elektronische Bauteile haben wir Lieferzeiten von über 40 Wochen. Bedingt auch durch Lieferungen aus China, die über den Seeweg zu uns kommen. Wir spüren die Auswirkungen, die die Pandemie auf die Containerschifffahrt hat. Sie ist weltweit aus dem Gleichgewicht geraten, nachdem sich pandemiebedingt die globalen Warenströme verändert haben: aktuell fehlen leere Container in China, weil sie ungenutzt in den USA liegengeblieben sind.

Redaktion: Die Lieferengpässe werden also noch eine ganze Weile bestehen bleiben. Was raten Sie den Ofenbauern?

Ralf Tigges: Panikbestellungen und Hamsterkäufe tragen auf keinen Fall zur allgemeinen Entspannung der Situation bei. Sie sind durchaus verständlich, aber extrem kontraproduktiv! Andererseits sollten Bestellungen, die zur Auslieferung kommen, unbedingt abgenommen werden. Auch für den Fall, dass es beim Endkunden zu einer Umorientierung kam. Eine Rücksendung an uns, den Großhandel, beansprucht die logistisch und personell sowieso schon ausgereizten Kapazitäten nochmals mehr. In der Folge leidet unsere Erreichbarkeit und die Möglichkeit individuell auf Kundenwünsche einzugehen. Meine Bitte an den Ofenbauer ist, mit dem Endkunden eine transparente und ehrliche Kommunikation zu führen, dies bringt alle Seiten weiter. Verständnis ist heute besonders wichtig, darum bitte ich auch unsere Ofen- und Luftheizungsbauern.

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