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19. NORDDEUTSCHER KACHELOFENBAUERTAG

Handwerk, Nachwuchs, Energie, Zukunft

Den Titel unseres Nachberichts spendete der ausgefallene Vortrag von Marco Hanke, des Landesinnungsmeisters SHK MV und LFG-Leiter OL-Bau für die vier norddeutschen Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein. Doch auch ohne seinen Vortrag bildeten die vier Themen Handwerk, Nachwuchs, Energie, Zukunft die Essenz der Veranstaltung, sei es in Vorträgen oder im „Flurfunk“, den Gesprächen der rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Pausen und auf der Abendveranstaltung.

Manchmal sollte man jemanden fragen, der sich mit so was auskennt – mit der Ressource Holz zum Beispiel. Zu diesem Thema hielt Dipl.-Ing. Hella Stein einen mitreißenden Vortrag. Die Holzmarktreferentin im Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt in M-V führte aus, weshalb es ohne nachhaltig bewirtschaftete Waldbestände weder eine Bauwende noch eine Energiewende geben könne. Die OL-Branche versuchte sie zu beruhigen: „Keine Sorge, das häusliche Feuer wird Ihnen nicht genommen!“ Allerdings sei der Klimaschutz besonders wichtig, die Auswirkungen des Klimawandels würde sie in ihrem Beruf täglich direkt erleben, zum Beispiel Dürre durch abgesunkene Grundwasserspiegel in Mecklenburg-Vorpommern. Spannend ihre Äußerung zur Klimaschutzbewegung „Fridays for Future“. Mit deren Anhängern, die gut informiert seien, stünde ihre Behörde in vernünftigem Austausch. Ärgerlich werde sie allerdings über schlechte Presse was die Forstwirtschaft betrifft. Selbst „gut recherchierte“ Beiträge in renommierten Medien nutzten häufig falsche Daten für reißerische Geschichten. Eine neue Broschüre ihrer Behörde will dazu mit Sachargumenten informieren. Auf eine Frage im Anschluss von Hagos-Vorstand Guido Eichel nach dem Stand der EU-Richtlinie zu erneuerbaren Energien, RED III, ließ sie durchblicken, dass der Versuch, Brennholz nicht als regenerativen Brennstoff zu klassifizieren, wohl vom Tisch sei.

Nach Steins Vortrag, der jede Menge Faktenkompetenz und Insiderwissen vermittelte, ging es mit einem Vortrag zur Rauchgaszugdimensionierung nach EN 1554 ebenso kompetent wie praxisnah weiter. Referent war Hafnertec-Gründer Leopold Bicker, der unter anderem aufzeigte, wie die Auswirkungen der berechneten Zugdimensionierung erfolgreich im Labor nachgewiesen werden konnten. Hierzu dient auch ein in seinem Hause entwickeltes Berechnungsprogramm, das auch in einer auf deutsche Normvorgaben abgestimmten Fassung erhältlich ist. Es korrigiert / optimiert bei Fehlwerten automatisch die Angaben für das Zugsystem beziehungsweise für die Abgasanlage.

Dass die TROL ein „lebendes Dokument“ sind, das auch trotz seiner umfangreichen Gesamtüberarbeitung in den letzten Jahren ständig in Details weiter optimiert wird, machte der folgende Vortrag des BUFA-Mitglieds Hendrik Schütze deutlich. Er stellte vor allem das umfassend neu gestaltete Kapitel „Verbrennungsluftversorgung“ der TROL 2022 vor. Weitere wesentliche Neuheiten des aktuellen Werks sind eine ausführliche Beschreibung der Anforderungen an wasserführende Feuerstätten, die angepassten Anforderungen im Brand- und Wärmeschutz wurden erneut angepasst, auch die Berechnung der Nennwärmeleistung bei Feuerstätten im Speicherbetrieb ist neu. Zudem ist die Berechnung von Warmluftöfen vereinfacht worden, und das Dimensionierungsverfahren für die wieder häufiger nachgefragten Hypokausten wurde ebenfalls grundlegend überarbeitet. Die Berechnung von keramischen Heizgaszügen wurde auf ein Verfahren reduziert und weiterentwickelt. Dies alles sollte die Anschaffung der „Ofenbauer-Bibel“ hinreichend rechtfertigen. Sie ist übrigens beim ZVSHK als Printversion (Loseblattsammlung im Ordner) und als PDF-Version erhältlich, für diejenigen, die digitalisierte Formate bevorzugen. Für 2023 wird es einen Nachtrag zu den Ersatzdämmstoffen geben, deren DIBt-Zulassung ausläuft.

Nach der ausgedehnten Pause mit Mittagsimbiss, die von vielen auch für einen ausgiebigen Rundgang durch die Ausstellungsfläche im Veranstaltungssaal genutzt wurde, erläuterte HAGOS-Vorstand Guido Eichel die besonderen Herausforderungen des Handels. Vorab gab er sich hoch erfreut, dass der Kachelofen soeben offiziell als immaterielles Kulturgut seitens der UNESCO anerkannt worden sei. Diese Mitteilung habe ihn eben brandaktuell in der Mittagspause erreicht. Die wesentlichen Einflussfaktoren für den Handel waren einerseits eine anhaltend hohe Nachfragesituation seit Beginn der Pandemie, die außerdem durch das Austauschgeschäft und neuerlich durch die Unsicherheiten an den Energiemärkten beflügelt wurde. Andererseits gab und gibt es nach wie vor Probleme bei den Lieferketten, auch seien die Kosten durch Transport- und Materialpreiserhöhungen schwieriger zu kalkulieren. Eichel dankte vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der HAGOS für ihre besondere Leistung im Spannungsfeld zwischen extremer Nachfrage und Lieferengpässen und wünschte sich für die Branche auch mal wieder Zeiten, wo das Auftragsvolumen in einer angemessenen Arbeitssituation bewältigt werden könne.

Dann wäre womöglich auch die Vertragsgestaltung unter Berücksichtigung der aktuellen Preisentwicklung nicht mehr so problematisch für den Ofenbaubetrieb. Dieser Aspekt stand im Fokus des Referats von RA Dr. Michael Dimanski. Aus seinem Einsatz für den Fachverband SHK kennt er die Fallstricke, in die Handwerker immer wieder tappen. Eine zentrale Empfehlung Dimanskis war, gerichtliche Auseinandersetzungen wo irgend möglich zu vermeiden. 80 Prozent der Verfahren würden in einem Vergleich münden und auf dem Weg dorthin jede Menge Kosten verursachen. Auch sei problematisch, dass vor Gericht immer auch die menschliche Komponente mit hineinspiele: „Wenn der Richter gerade morgens erst erfahren hat, dass seine Frau ihn mit einem Ofenbauer betrügt, würden Sie den Fall unter keinen Umständen gewinnen,“ verdeutlichte er an einem sicher drastischen Beispiel. Leider würden Handwerker sehr oft Schriftform­erfordernisse wie zum Beispiel eine Abnahmeerklärung vernachlässigen. Ohne die gäbe es allerdings keinen einklagbaren Anspruch beim Werkvertrag. Auch müsse unbedingt darauf geachtet werden, wer genau Auftraggeber einer Leistung sei. Das sei beispielsweise bei zwischengeschalteten Planern oder Generalunternehmern nicht immer die Baufamilie, und auch da könne es manchmal strittig sein, ob die Frau oder ihr Partner einer Baufamilie als Schuldner aufträten. Weiterhin empfahl Dimanski, bereits im Angebot auf das Urheberrecht daran zu verweisen. Das sei zwar womöglich juristisch angreifbar, könne aber dazu beitragen, dass sich Kunden nicht ohne Weiteres bei fünf weiteren Betrieben auf Basis des vorliegenden Angebots neue einholen.

Ganz wichtig sei auch eine zeitliche Gültigkeitsbefristung für das Angebot oder auch ein Passus, dass die Preise (für Material) freibleibend seien, sonst sei man auch noch nach einem Dreivierteljahr oder Jahr an das Angebot gebunden. Andernfalls müsse man sein Angebot ausdrücklich zurückziehen. Dimanski verwies auf diverse hilfreiche Vorlagen, die auf der Seite www.shk-musterschreiben.de zum Download zur Verfügung stünden.

Es geht doch nichts über die Praxis! Das fand auch Hendrik Schütze und baute kurzerhand ein „Büro“ im Saal auf, an dem er live für alle nachverfolgbar eine Verbrennungsluftberechnung demonstrierte. Interessenten bot er ein von ihm selbst entwickeltes Formular-Tool zum Nachweis beim Schornsteinfeger an. Bei Interesse solle man ihm einfach eine Mail schicken, dann würde er dieses gegen eine Handlinggebühr auch im Kollegenkreis weitergeben.

Um Berechnungstools ging es auch beim nächsten Vortrag von Steffen Bobsien von der Schornsteinfegerinnung Mecklenburg-Vorpommern. Bobsien erläuterte aus seiner Praxis, wie mit den neuen Ableitbedingungen umgegangen werden müsse und welche Hilfen da auf den Seiten der verschiedenen Schornsteinhersteller gegeben würden, eine korrekte Schornsteinermittlung vorzunehmen. Anfangs geäußerte Befürchtungen, durch die neuen Ableitbedingungen würde ein Ofenneubau unverhältnismäßig erschwert werden, konnte er entkräften. Nach einem Jahr Gültigkeit der neuen Bestimmungen könne er sagen, dass man in seinem im ländlichen Bereich liegenden Bezirk eigentlich immer irgendeine Lösung gefunden habe.

Jung-dynamisch rollte als Nächstes der smarte Versicherungsvertreter der Signal-Iduna, Christian Geppert, ein besonderes Paket vor den Ofenbaukollegen aus: Die betriebliche Krankenversicherung als Instrument zur Mitarbeiterbindung. Um hier nicht zu werblich zu werden, verweisen wir darauf, sich bei Interesse vorzugsweise an eine der Signal-Iduna-Filialen zu wenden und sich dort individuell beraten zu lassen. Als Partnerversicherung des Handwerks soll es da besonders attraktive Angebote geben. Damit endete der erste Tag der Veranstaltung, und es blieb noch Zeit, sich fürs festliche Abendessen frisch zu machen.

Nachdem der Abend für einige Teilnehmer des Ofenbauertags doch etwas länger geworden war, war es gut, am Samstag sanft mit einer Historie des vom Menschen genutzten Feuers zu starten – mit Verve und Begeisterung für die Sache vorgetragen von Colin Rokossa (GF Camina & Schmid). Anschließend analysierte er die aktuelle Situation der Branche, auf die er als GVOB-Ausschussmitglied und Sprecher der Allianz Freie Wärme einen übergeordneten Blick hat. Diese sei im Jahr 2022 nach wie vor von einem Überhang aus dem Austauschgeschäft bestimmt gewesen, aber 2024 komme mit weiteren 4,8 Millionen austauschpflichtigen Geräten ein nächster großer Batzen auf die Branche zu. Danach beschrieb Rokossa Versuchsaufbauten einer Speicheranlage im hauseigenen Testlabor, an denen Temperaturverläufe nach drei, sechs und neun Stunden gemessen wurden, um Erkenntnisse zur Wärmeabgabe der verschiedenen Bereiche eines Ofens genau zu erfassen. Darüber hinaus habe man in einer Kooperation mit Oekosolve im Feldversuch verschiedene Anlagen vom Speicherofen, offenen Kamin, Heizungsherd bis zum Pelletofen mit Staubabscheidern ausgestattet und Emissionen mit und ohne Abscheideeinrichtungen gemessen. Mehrheitlich erzielten die Anlagen Abscheidegrade deutlich über 70 bis Mitte 80 Prozent, beim „schlechtesten“ Ofen betrug die Reduktion der Stäube immerhin noch 60 Prozent.

Nach dem fulminanten Erfolg seines aus Restekacheln gebauten Herdofens, den Götz Holtz bei einem vorigen Kachelofenbauertag vorstellte, hatte er dieses Mal ein weiteres spannendes Praxisprojekt im Köcher, dessen Lastenheft ein wenig nach „eierlegender Wollmilchsau“ klang. Die Rede ist von einem wasserführenden Kachelofen mit angegliedertem Herd, der über eine bedarfsgerechte Wärmeregulierung verfügen sollte.

Einen Motivationsvortrag zum Thema „Was tun nach dem Boom“ hielt Spartherm-Vertriebsleiter Markus Grassegger. Ihn wollen wir hier mit einer Quintessenz bescheiden: Wenn man sich um seine Kundinnen und Kunden kümmert, braucht man sich um sein Business auch in Zukunft keine Sorgen zu machen.

Eindringlich warb anschließend Guido Eichel noch einmal für eine Mitgliedschaft im Gesamtverband Ofenbau (GVOB) sowie, ganz wichtig, auch in den Innungen. Wie man an den medialen Horrormeldungen über die Umweltbelastung von Feuerstätten immer wieder sehen könne, sei hier ständige positive Lobbyarbeit gefordert, und die könne nur erfolgreich sein, wenn die Institutionen zahlenmäßig stark und entsprechend schlagkräftig seien. Leider hätten sich einige ältere OL-Meister nach seiner Beobachtung darauf eingerichtet, „den aktuellen Boom noch 2–3 Jahre mitzunehmen“, danach würde man ja ohnehin in Rente gehen und den Laden eben notfalls schließen, wenn sich keine Nachfolge fände. Eichel mahnte, dass man allerdings auch daran denken sollte, dass man dem Beruf, der Branche, die einem über Jahrzehnte ein gutes Einkommen und künftig eine ordentliche Rente garantieren würde, doch irgendwie auch eine Beteiligung schulde.

Wenn es um einen perfekt durchgeplanten Backofenbau im großen Maßstab geht, kommt man kaum um Daniel Reisinger von den Wolfshöher Tonwerken herum. Das machte der Profi ein weiteres Mal am Beispiel Dorf- und Gemeinschaftsbackofen deutlich. Schon seine einleitende Frage, wann eine Feuerstätte wie ein Backofen eigentlich IN einem Gebäude errichtet werde und folglich den dafür geltenden Normen entsprechen müsse, ist zumindest auf den zweiten Blick nicht ganz so banal wie es zunächst scheint, denn dazu genügen eigentlich schon ein Dach und ein kleiner vorgemauerter Vorraum, in dem man beim Beschicken des Ofens trocken steht. Weiterhin befasste sich Reisingers Vortrag mit der optimalen Konstruktion und Dämmung von Backöfen, um maximale Effizienz zu erreichen.

Sehr nahbar und nachdenklich stimmend war schließlich Hubert Zieglers Abschlussvortrag, der unter dem Titel „Wo geht es hin? Mensch & Technik“ im Programm stand. Ihm ging es nicht um markige Sprüche und Glaskugellesen zur Zukunft des Ofenbaus. Stattdessen offenbarte er schonungslos auch eigene Fehler, die ihm in seiner Ofenbaupraxis unterlaufen waren. Manchmal liege es allerdings auch am Kunden selbst und der Art und Weisen wie dieser seinen Ofen betreibt, wenn es zu Unstimmigkeiten komme. Am Ende sei dies allerdings egal. Es komme immer darauf an, wie man mit Fehlern und Reklamationen umgehe, um ein ordentliches Werk abzuliefern und einen „angefressenen“ Kunden (zurück) zu gewinnen. Genaues Zuhören sei entscheidend – und die richtigen Schlüsse ziehen. Damit, und das war ihm besonders wichtig, Öfen und Kamine auch in Zukunft noch einen Platz in unseren Häusern haben.

Mit einem Dank und Gruß an Referenten und Gäste schloss Jens Cordes diesen 19. Kachelofenbauertag. Im kommenden Jubiläumsjahr werde die Veranstaltung wieder auf den „alten“ Termin zum letzten Februar-Wochenende gelegt.

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