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/// Was Ofenbaubetriebe jetzt wissen und tun sollten

Kommunale Wärmeplanung – der schlafende Hund?

Die Kommunale Wärmeplanung (KWP) verändert die Spielregeln der Wärmewende vor Ort. Für viele Kommunen scheint sie noch ein abstraktes Zukunftsthema zu sein, für das Ofenbauhandwerk sind damit Risiken und Chancen verbunden. Wer als Betrieb frühzeitig aktiv wird, kann auf die politischen Rahmenbedingungen Einfluss nehmen und so auch die Marktposition seines Betriebs sichern. Welche Möglichkeiten sich hier bieten, ist an anderer Stelle in diesem Heft im Beitrag zum „Lobbying für kleine Branchen“ aufgezeigt und wird hier weiter unten noch einmal zusammengefasst. Ergänzend dazu gibt es eine Checkliste mit Fragen und Anregungen, wie Sie Ihre lokalen Politiker praktisch informieren können.

Neue gesetzliche Pflicht – und viel Unsicherheit

Mit dem Wärmeplanungsgesetz (WPG), das am

1. Januar 2024 in Kraft trat, wurde erstmals bundesweit geregelt, dass Kommunen eine strategische Planung für die zukünftige Wärmeversorgung aufstellen müssen. Ziel ist es, den Weg zur Klimaneutralität bis 2045 vorzubereiten und gleichzeitig regionale Potenziale besser zu nutzen. Ein Stufenplan dazu sieht klare Fristen vor: Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern müssen bis zum 30. Juni 2026 einen fertigen Wärmeplan vorlegen, Kommunen mit bis zu 100.000 Einwohnern haben bis zum 30. Juni 2028 Zeit, und kleinere Gemeinden unter 10.000 Einwohnern sind formal nicht verpflichtet, können aber freiwillig ein vereinfachtes Verfahren anwenden. Damit stehen bundesweit über 11.000 Kommunen vor der Herausforderung, binnen weniger Jahre eine komplexe Analyse und Strategie für die Wärmeversorgung ihrer Einwohner zu entwickeln. Insbesondere für kleine Städte und Gemeinden ist das Neuland – es fehlen Fachpersonal, Erfahrungswerte und oftmals auch die finanziellen Ressourcen. Viele Verwaltungen haben das Thema deshalb vertagt oder noch gar nicht systematisch angefasst. Dadurch droht eine einseitige Information der Kommunalpolitiker zum Beispiel durch größere Energieversorger, mit denen sie auch jetzt schon zu tun haben.

Ziel des WPG ist, den Weg zur Klimaneutralität bis 2045 vorzubereiten und gleichzeitig regionale ­Potenziale besser zu nutzen«

Anschlusszwang oder Wahlfreiheit?

Für Ofenbauer und ihre Kunden entscheidend ist die Frage: Wird die künftige Wärmeversorgung ausschließlich über zentrale Systeme wie Fernwärme organisiert, oder bleibt Raum für individuelle Lösungen wie Kachel- und Kaminöfen? Das Gesetz lässt beides zu, die Praxis wird aber vor Ort entschieden. Anschluss- und Benutzungszwänge sind rechtlich möglich und werden insbesondere dort diskutiert, wo ein Wärmenetz wirtschaftlich aufgebaut werden soll. Hier drohen Einschränkungen für zusätzliche Feuerstätten. Die Allianz Freie Wärme warnt seit Langem davor, dass Kommunen damit ungewollt den Wettbewerb verzerren und Bürgern die Wahlfreiheit nehmen.

Die Kommunale ­Wärmeplanung ist für viele Kommunen noch ein „weißer Fleck“. Für das Ofenbauhandwerk bedeutet das: Jetzt ist der Zeitpunkt, um die eigene Expertise einzubringen.«

Rolle der Allianz Freie Wärme

Die Allianz Freie Wärme – getragen von Ofenbauverbänden wie dem GVOB, Schornsteinfeger- und Handwerksorganisationen – versteht sich als Gegenpol zu einseitig netzorientierten Strategien. Sie bietet umfangreiche Informationsmaterialien, Checklisten und Fachveranstaltungen, um Kommunalpolitikern die Bedeutung dezentraler Lösungen vor Augen zu führen. Ein zentrales Argument: Holzfeuerstätten arbeiten mit erneuerbarer Energie, sie sorgen für regionale Wertschöpfung und krisenfest. Sie sichern Versorgung in Zeiten hoher Energiepreise oder möglicher Stromausfälle und stärken die Resilienz der Bürger gegenüber den Preisentwicklungen auf den Energiemärkten. Moderne Anlagen mit Filtertechnik erfüllen strenge Emissionswerte und passen hervorragend in hybride Versorgungskonzepte mit Wärmepumpen oder Solarthermie.

Typische Fehlentwicklungen vermeiden

Viele kleinere Kommunen sind womöglich versucht, einfache Lösungen zu wählen – etwa die pauschale Ausweisung von Fernwärmegebieten mit Anschlusszwang. Hier können Ofenbauer frühzeitig gegensteuern, indem sie aufzeigen, dass ein Wärmenetz in dünn besiedelten Gebieten ökonomisch oft gar nicht tragfähig ist, dass dezentrale Lösungen die Resilienz erhöhen und Bürgern echte Wahlmöglichkeiten bieten, dass hybride Systeme aus Wärmepumpe und Ofen emissionsarm und zukunftsfähig sind. Gerade diese Hinweise werden in den ersten Planungsrunden häufig übersehen. Wer sie liefert, positioniert sich als Partner und nicht als Gegner der kommunalen Energiewende.

Handlungsspielräume für Ofenbauer

Gerade weil viele Kommunen das Thema noch nicht durchdrungen haben, eröffnet sich für Ofenbaubetriebe ein wertvolles Zeitfenster. Wer jetzt handelt, kann die Weichen in seinem Sinne mit stellen. Prüfen Sie beispielsweise regelmäßig die Veröffentlichungen Ihrer Stadt oder Gemeinde und fragen Sie auch aktiv zum Stand der Planung nach. Sprechen Sie auch Ihre Kunden aktiv auf das Thema an und erzeugen Sie damit ein Bewusstsein für das Thema. Nehmen Sie Kontakt zu Rathaus, Bauamt oder Energiebeauftragten auf. Formulieren Sie konkrete Fragen („Welche Rolle ist für Holzfeuerstätten vorgesehen?“) und bieten Sie Ihr Fachwissen an. (Weitere konkrete Handlungsmöglichkeiten nennt der Infokasten zu den Argumentationshilfen). Verweisen Sie auf die Unterlagen der Allianz Freie Wärme. Betonen Sie die Vorteile: regionale Wertschöpfung, Klimaneutralität, Versorgungssicherheit, Behaglichkeit. Machen Sie deutlich, dass Kachel- und Kaminöfen die Wärmenetze nicht ersetzen, sondern sinnvoll ergänzen. Bieten Sie an, Informationsabende gemeinsam mit der Kommune durchzuführen. Stellen Sie Referenzprojekte vor, die zeigen, wie moderne Ofentechnik in Quartierskonzepte passt.

Bestandsöfen im Blick

Ein weiteres wichtiges Thema ist der Bestandsschutz. Bereits installierte Kachel- und Kaminöfen dürfen in aller Regel weiter betrieben werden, sofern sie die Vorgaben der Bundes-Immissionsschutzverordnung erfüllen oder unter die Ausnahmeregelungen fallen. Das sollte sowohl Politik als auch Kundschaft klar vermittelt werden – um unnötige Verunsicherung zu vermeiden.

Fazit: Aktiv werden, bevor andere entscheiden

Die Kommunale Wärmeplanung ist für viele Kommunen noch ein „weißer Fleck“. Für das Ofenbauhandwerk bedeutet das: Jetzt ist der Zeitpunkt, um die eigene Expertise einzubringen. Wer frühzeitig den Kontakt zu Entscheidungsträgern sucht, kann Missverständnisse ausräumen, Wahlfreiheit sichern und seine eigene Rolle als unverzichtbarer Partner in der Wärmewende festigen. Anstatt abzuwarten, ob Verbote oder Einschränkungen kommen, lohnt es sich, selbst aktiv zu gestalten. So bleibt der Kachelofen nicht nur Teil unserer Wohnkultur, sondern wird auch als Baustein der klimaneutralen Zukunft sichtbar – und das Handwerk stärkt seine Position in der kommunalen Energiepolitik.

Jürgen Bähr, Alianz Freie Wärme

Foto: Allianz Frei Wärme

Jürgen Bähr, Alianz Freie Wärme
Auf der Webseite www.freie-waerme.de findet sich eine interaktive Checkliste zur Kommunalen Wärmeplanung.

Foto: Allianz Frei Wärme

Auf der Webseite www.freie-waerme.de findet sich eine interaktive Checkliste zur Kommunalen Wärmeplanung.
Auch der Praxisleitfaden der „Allianz Freie Wärme“ in Papierform oder zum Download ist eine gute Argumentationshilfe für die kommunalen Entscheidungsträger.

Foto: Allianz Frei Wärme

Auch der Praxisleitfaden der „Allianz Freie Wärme“ in Papierform oder zum Download ist eine gute Argumentationshilfe für die kommunalen Entscheidungsträger.

Foto: Allianz Frei Wärme

Idealtypischer Ablauf der Kommunalen Wärmeplanung. Die Praxis hinkt insbesondere bei kleineren Kommunen nicht zuletzt kompetenzbedingt oft hinterher.

Foto: Allianz Frei Wärme

Idealtypischer Ablauf der Kommunalen Wärmeplanung. Die Praxis hinkt insbesondere bei kleineren Kommunen nicht zuletzt kompetenzbedingt oft hinterher.

Über 11.000 Kommunen stehen vor der Herausforderung, binnen weniger Jahre eine komplexe Analyse und Strategie für die Wärmeversorgung ihrer Einwohner zu entwickeln.«

Info

Argumentationshilfe für Gespräche mit Kommunalpolitik zur Wärmeplanung

Neben der Möglichkeit, die vielfältigen Informationsmaterialien der Allianz Freie Wärme zu nutzen und auch an lokale Politiker weiterzugeben, können Sie mit ­folgenden Aspekten Aufklärung betreiben:

Grundposition

– Technologieoffenheit sichern: Kommunale Wärmeplanung darf nicht einseitig auf Wärmenetze oder Wärmepumpen setzen.

– Ergänzung statt Konkurrenz: Kachel- und Kaminöfen ersetzen keine Netze, sie ergänzen sie sinnvoll.

Vorteile von Holzfeuerstätten

– Regionale Wertschöpfung: Das Holz kommt oft aus der Umgebung,
die Ausgaben bleiben in der Region.

– Erneuerbar & klimaneutral: Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, der
CO₂-neutral im Kreislauf genutzt wird.

– Versorgungssicherheit: Öfen funktionieren auch bei Stromausfall – Resilienzargument!

– Behaglichkeit & Akzeptanz: Ein Ofen steigert die Wohnqualität, was die Energiewende für Bürger greifbarer und attraktiver macht.

Technische Argumente

– Modern & emissionsarm: Neue Öfen erfüllen strengste Immissionsgrenzwerte, manche verfügen über Filter- beziehungsweise Abscheidetechnik.

– Hybridfähig: Ofen + Wärmepumpe = ideale Kombination für kalte Wintertage und Lastspitzen.

– Flexibel einsetzbar: Einzelraumfeuerstätten lassen sich fast überall in Bestandsgebäuden integrieren.

Wirtschaftliche Argumente

– Kostenstabilität: Brennholzpreise sind langfristig stabiler als fossile Energieträger.

– Investitionssicherheit: Ein Ofen erhöht den Immobilienwert und bleibt auch nach der Wärmewende nutzbar.

– Netzentlastung: Holzfeuer entlastet Wärmenetze und Stromnetze in Spitzenlastzeiten.

Politische Botschaften

– Wahlfreiheit für Bürger: Keine Anschluss- und Benutzungszwänge ohne Rücksicht auf individuelle Bedürfnisse.

– Akzeptanz sichern: Bürger akzeptieren die Wärmewende eher, wenn sie ihre Heizsysteme mitgestalten dürfen.

– Kommunale Verantwortung: Wärmepläne sollen tragfähig und realistisch sein – Holzfeuerstätten leisten hierzu einen Beitrag.

Konkrete Gesprächsansätze

– „Wie berücksichtigt Ihre Kommune den Beitrag von Holzfeuerstätten in der
Wärmeplanung?“

– „Ist im Entwurf ein Anschlusszwang vorgesehen – und wie wird Wahlfreiheit sichergestellt?“

– „Können wir als Ofenbaubetrieb unsere Erfahrung in die Potenzialanalyse einbringen?“

– „Wäre ein gemeinsamer Infoabend für Bürger zu modernen, emissionsarmen Öfen interessant?“

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