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/// Interessenvertretung ohne Lobbyapparat

Man muss gehört werden

Wenn von politischer Einflussnahme die Rede ist, denken viele zuerst an große Lobbyorganisationen mit Millionenetats, professionellen Kampagnen und direkten Zugängen in die Schaltstellen der Macht. Doch dass auch kleine Branchen ohne finanzstarke PR-Abteilungen oder bezahlte Lobbyisten ihre Anliegen wirksam platzieren können, zeigte Franz Maget eindrucksvoll in seinem Vortrag auf dem Ofencampus. Der ehemalige bayrische Landtagsabgeordnete, langjährige stellvertretende Landtagspräsident und SPD-Spitzenpolitiker spannte dabei den Bogen von seinen eigenen Erfahrungen in der Politik zu den Herausforderungen und Chancen, die sich für das Ofenbauerhandwerk heute stellen.

Maget machte gleich zu Beginn deutlich, dass politische Entscheidungen selten im luftleeren Raum entstehen. Abgeordnete, Staatssekretäre und Minister seien im Alltag auf Informationen von außen angewiesen – und zwar nicht nur von den großen Konzernen oder Verbänden. Gerade die Vielzahl kleinerer Rückmeldungen aus der Praxis könne ein Gegengewicht bilden und politischen Entscheidungsprozessen eine andere Richtung geben. „Politiker brauchen Stimmen aus der Realität“, betonte er. „Wer glaubwürdig schildern kann, was vor Ort passiert, hat schon viel erreicht.“ Für die Ofenbauer bedeutet das: Auch ohne millionenschwere PR-Kampagnen gibt es Möglichkeiten, auf die politischen Rahmenbedingungen Einfluss zu nehmen. (Anmerkung: Ein Beispiel, wo bedeutsame und nachhaltige Öffentlichkeitsarbeit von der Basis geleistet werden kann, ist zum Beispiel die Information von Politikern zur „Kommunalen Wärmeplanung“ – siehe auch den Beitrag hierzu an anderer Stelle in diesem Heft).

Maget verwies darauf, dass die Branche mit einigen Alleinstellungsmerkmalen punkten könne, die sie unverwechselbar machen: die handwerkliche Tradition, die kulturelle Bedeutung des Kachelofens und der Beitrag zu nachhaltigem Heizen im Gebäudesektor. All dies seien Themen, die in den aktuellen politischen Diskussionen um Klimaschutz, Wärmewende und erneuerbare Energien eine Rolle spielten. „Sie haben Inhalte, die ankommen können“, so Maget. Entscheidend sei, diese Inhalte so zu präsentieren, dass sie verständlich, relevant und anschlussfähig sind. Politiker seien keine Fachleute für Feuerungstechnik, sondern Generalisten, die in vielen Bereichen gleichzeitig Entscheidungen treffen müssten. Deshalb gelte es, Botschaften einfach und klar zu formulieren. „Reden Sie über den Beitrag des Kachelofens zur Versorgungssicherheit, über die regionale Wertschöpfung, über die lange Lebensdauer – aber vermeiden Sie Fachchinesisch.“ Für die Praxis empfahl Maget, Argumente in drei prägnanten Punkten auf den Tisch zu legen, die sich auch in einer hektischen Sitzungswoche schnell erfassen lassen.

Machen Sie den Kachelofen erlebbar.«

Franz Maget

Ein weiteres Schlüsselthema seines Vortrags war Glaubwürdigkeit. Während große Lobbyverbände oft den Ruf haben, interessengeleitet und abgehoben zu agieren, könnten kleinere Handwerksbranchen punkten, indem sie die Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern betonen. Maget erinnerte daran, dass viele Abgeordnete kommunal tief verwurzelt seien und gerade deshalb auf authentische Stimmen aus dem Handwerk reagierten. „Ein Ofenbauer, der erzählt, wie Kunden auf neue Vorschriften reagieren oder welche Sorgen Hausbesitzer wegen der Wärmewende haben, wirkt unmittelbarer als jede Hochglanzbroschüre.“ Wie aber erreicht man die nötige Sichtbarkeit? Hier plädierte Maget für eine Mischung aus Kontinuität und gezielten Aktionen. Regelmäßige Briefe oder Mails an Abgeordnete, kurze Hintergrundgespräche am Rande von Veranstaltungen oder Einladungen in die eigenen Betriebe könnten bereits viel bewirken. Wer die politische Agenda aufmerksam verfolge und sich bei relevanten Debatten mit einem fachlich fundierten, aber knapp gehaltenen Statement melde, werde über kurz oder lang wahrgenommen. „Hartnäckigkeit zahlt sich aus. Sie dürfen nicht erwarten, dass ein einzelnes Schreiben die Politik sofort verändert. Aber wenn man konsequent immer wieder auftaucht, bleibt man im Gedächtnis.“ Besonders betonte Maget den Wert von Allianzen. Gerade kleine Branchen könnten ihre Reichweite enorm steigern, wenn sie mit anderen Akteuren gemeinsame Anliegen formulierten. Im Fall der Ofenbauer sei etwa die Zusammenarbeit mit dem Schornsteinfegerhandwerk, mit regionalen Forstbetrieben oder auch mit Energiegenossenschaften naheliegend. Bündnisse mit Verbraucherschutzverbänden oder Umweltinitiativen könnten zusätzliche Glaubwürdigkeit verleihen, wenn es um die Einordnung des Holzfeuers als nachhaltige Energiequelle gehe. „Kooperationen multiplizieren Ihre Stimme“, fasste Maget zusammen. Gleichzeitig warnte er vor Resignation angesichts der überschaubaren Größe der eigenen Branche. Sie habe eine jahrhundertealte Tradition in die Waagschale zu werfen, die auch politisch Beachtung finde. Der Hinweis, dass der Kachelofen inzwischen sogar als immaterielles Kulturerbe anerkannt ist, könne in Gesprächen Türen öffnen. Solche kulturellen Argumente seien nicht zu unterschätzen, weil sie eine emotionale Dimension ansprechen, die rein technische Daten nicht erreichen. „Politik wird nicht nur mit Zahlen gemacht, sondern auch mit Geschichten“, erklärte Maget. Diese könnten durch persönliche Kontakte übermittelt werden. Politiker erhielten tagtäglich unzählige E-Mails und Positionspapiere, doch ein direkter Besuch im Wahlkreisbüro, ein persönliches Gespräch am Rande einer Veranstaltung oder eine Einladung in die Werkstatt hebe sich von der Masse ab. „Machen Sie den Kachelofen für die Abgeordneten erlebbar“, lautete sein Rat. Wer einmal gesehen habe, mit welcher Sorgfalt und mit welchem gestalterischen Anspruch ein Ofen entsteht, bekomme eine andere Beziehung zum Handwerk und seinen Anliegen.

Zum Abschluss rief Maget die Anwesenden dazu auf, die eigene Rolle nicht zu unterschätzen. Politik werde nicht allein in Ministerien oder Parteizentralen gemacht, sondern auch durch die vielen kleinen Impulse aus der Gesellschaft. Das Ofenbauerhandwerk könne seinen Teil dazu beitragen, wenn es selbstbewusst auftrete, seine Stärken klar benenne und den Dialog mit Entscheidungsträgern aktiv suche. „Man muss gehört werden – und das geht nur, wenn man den Mund aufmacht.“ Für die Ofenbauer bedeutet dieser Appell: Auch ohne kostspielige Lobbystrukturen gibt es wirksame Wege, die eigene Sichtbarkeit zu erhöhen und auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Wer Fachkompetenz mit Authentizität, Beharrlichkeit und Allianzen verbindet, kann im politischen Raum mehr bewegen, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Franz Maget hat mit seinem Vortrag eindrücklich aufgezeigt, dass die Chancen dafür besser stehen, als manche vielleicht vermuten.

Info

Umgang mit Medien

Zwar können Ofenbauer keine groß angelegten Werbekampagnen finanzieren, doch lokale Zeitungen und Radiosender seien häufig auf der Suche nach anschaulichen Geschichten. Ein Bericht über einen innovativen Speicherofen oder eine Übergabe eines Meisterbriefes könne, wenn er richtig platziert werde, durchaus auch die Aufmerksamkeit von politischen Entscheidungsträgern wecken. „Nutzen Sie die Nähe zur Lokal- und Regionalpresse. Dort erreichen Sie auch die Abgeordneten, die diese Medien lesen, um zu wissen, was die Menschen in ihrem Wahlkreis bewegt.“

Info

Tipps für Ofenbauer – Lobbyarbeit, die ankommt

– Persönlichkeit zeigen: Direkter Kontakt wirkt stärker als jedes Papier. Abgeordnete in den Betrieb einladen!

– Botschaften klar halten: Maximal drei Kernargumente formulieren, die ohne Fachchinesisch verständlich sind.

– Allianzen bilden: Kooperationen mit Schornsteinfegern, Forstwirtschaft oder Energieinitiativen erhöhen die Reichweite.

– Kulturelle Dimension betonen: Der Kachelofen ist immaterielles Kulturerbe – das schafft emotionale Bindung.

– Lokale Presse nutzen: Kleine Medienberichte wirken oft nachhaltiger als teure Kampagnen.

– Dranbleiben: Wiederholung und Kontinuität sind wichtiger als eine einmalige Aktion.

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