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/// Interview

Versorgungssicherheit braucht mehr als nur die Wärmepumpe

Wärmepumpen stehen im Zentrum der Energiewende – politisch gefördert und von vielen als Allheilmittel gefeiert. Doch in der Praxis zeigen sich Schwächen: Effizienzverluste, hohe Kosten und Abhängigkeit vom Stromnetz. Andreas Schönfeld sieht die Lösung nicht in einem Entweder-oder, sondern in der Kombination von Wärmepumpe und Kaminofen. Im Gespräch erklärt er, warum beide Systeme ein perfektes Duo bilden, welchen Beitrag sie zur Versorgungssicherheit leisten und weshalb Feuer im Wohnzimmer mehr ist als nur ein Stück Behaglichkeit.

Redaktion: Herr Schönfeld, Wärmepumpen gelten aktuell als das politische Lieblingskind. Warum sprechen Sie dennoch von Kaminöfen als unverzichtbare Ergänzung?

Andreas Schönfeld: Die Wärmepumpe ist ohne Frage ein sehr effizientes System – wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Aber die Realität ist komplexer: Studien zeigen, dass die Jahresarbeitszahlen von Luft-Wasser-Wärmepumpen im Feld oft nur zwischen 1,9 und 3,3 liegen, im Mittel bei etwa 2,6. Erdreich- und Wasser-Wärmepumpen kommen zwar besser weg, aber auch hier schwanken die Werte stark. Hinzu kommen Effizienzkiller wie Überdimensionierung – rund 50 Prozent der Wärmepumpen in Deutschland sind zu groß ausgelegt – oder eine unzureichende Abstimmung der Komponenten. Leider ist in vielen Fällen die Beratung der Kundinnen und Kunden stark optimierungsfähig, was zu Fehlentscheidungen führt. Das bringt höhere Heizkosten, mehr Verschleiß und einen viel geringeren Nutzen für die Energiewende. Ein Kaminofen kann genau hier helfen: Er liefert Spitzenlastwärme, wenn die Wärmepumpe an ihre Grenzen kommt. Dadurch muss die Wärmepumpe weniger takten, ihre Jahresarbeitszahl steigt und die Betriebskosten sinken. Gleichzeitig reden wir über einen Energieträger, der mit rund 8 Cent pro Kilowattstunde deutlich günstiger ist als Strom, der derzeit bei etwa 25 Cent pro Kilowattstunde liegt. Das sind klare Argumente für die Kombination.

Redaktion: Herr Schönfeld, Sie sind auch im erweiterten Vorstand der Europäischen Feuerstätten Arbeitsgemeinschaft EFA aktiv. Warum ist das Thema für den Verband und die gesamte Branche strategisch so wichtig?

Andreas Schönfeld: Weil es hier nicht nur um einzelne Produkte geht, sondern um die Rolle einer ganzen Branche in der Energiewende. Als EFA verstehen wir uns als Stimme der europäischen Feuerstättenindustrie. Wenn wir zeigen können, dass Kaminöfen nicht nur Gemütlichkeit bieten, sondern einen klaren Beitrag zu Effizienz, Versorgungssicherheit und Resilienz leisten, dann positionieren wir uns als systemrelevanter Partner im Wärmemarkt. Es geht also um mehr als Marketing – es ist eine programmatische Frage: Wollen wir als Branche Teil der Lösung sein oder uns ins Abseits stellen lassen? Die Kombination von Wärmepumpe und Kaminofen zeigt, dass wir einen echten Mehrwert bieten. Nur so wird deutlich: Ohne Feuer fehlt der Energiewende ein wichtiges Element.

Nicht Entweder oder, sondern die Kombination von Wärme­pumpe und Kaminofen ist die Lösung.«

Andreas Schönfeld

Redaktion: Kritiker sagen, Wärmepumpe und Kaminofen seien Gegensätze. Was entgegnen Sie?

Andreas Schönfeld: Das Gegenteil ist der Fall. Eine Wärmepumpe arbeitet am effizientesten, wenn die Vorlauftemperatur möglichst niedrig bleibt. Aber viele Menschen möchten es in den Wohnräumen gern etwas wärmer, oder sie brauchen kurzfristig zusätzliche Wärme. Statt die Wärmepumpe hochzufahren – was die Effizienz sofort verschlechtert – springt der Kaminofen ein. Er heizt schnell und flexibel und sorgt für Behaglichkeit. So wird die Wärmepumpe entlastet, und das gesamte System arbeitet runder. Wir sprechen hier also nicht von einem „entweder – oder“, sondern von einem „sowohl – als auch“. Der Ofen macht die Wärmepumpe besser.

Redaktion: In Vorträgen, etwa beim Kachelofenbauertag in Linstow, zeigen Sie auch Schwächen der Wärmepumpen: zu hohe Dimensionierung, ungünstige Regelungen, schlechte Jahresarbeitszahlen. Wollen Sie den Ruf der Wärmepumpe beschädigen?

Andreas Schönfeld: Nein, überhaupt nicht. Wir sind überzeugt, dass die Wärmepumpe eine zentrale Rolle in der Energiewende spielt. Aber wir dürfen die Praxis nicht ausblenden. Viele Anlagen sind überdimensioniert, was die Lebensdauer der Komponenten um bis zu ein Drittel reduziert. Dazu kommen unzureichend einregulierte Hydrauliken, zu hohe Warmwassertemperaturen oder schlicht falsches Nutzerverhalten. All das kostet Effizienzpunkte. Wenn wir ehrlich hinschauen, sehen wir: Die Wärmepumpe ist eine großartige Technologie – aber sie ist nicht unfehlbar. Mit dem Kaminofen an der Seite schaffen wir ein System, das Schwächen ausgleicht, Spitzen abfedert und so am Ende verlässlicher, wirtschaftlicher und klimafreundlicher ist.

Redaktion: Ein Punkt, der viele Menschen umtreibt, ist die Versorgungssicherheit. Was bedeutet das Zusammenspiel von Wärmepumpe und Kaminofen in diesem Zusammenhang?

Andreas Schönfeld: Das ist ein ganz wesentlicher Punkt. Wir unterscheiden hier zwischen zwei Dimensionen: Erstens Resilienz – also die Fähigkeit, auch im Notfall handlungsfähig zu bleiben. Fällt der Strom aus, steht die Wärmepumpe still. Der Kaminofen hingegen funktioniert unabhängig vom Netz. Jede installierte Feuerstätte ist damit ein Sicherheitsanker für den Haushalt. In einem mehrtägigen Stromausfall ist das kein Komfortthema mehr, sondern schlicht ein Stück Daseinsvorsorge. Zweitens die Versorgungssicherheit im engeren Sinn: Wenn es draußen sehr kalt ist und die Netze am Limit laufen, kann der Ofen die Wärmepumpe entlasten. Damit werden Lastspitzen abgefedert und das Stromnetz stabilisiert. Studien zeigen, dass allein durch die Abdeckung von etwa 20 Prozent der Heizlast mit Scheitholz rund 9 bis 15 Prozent Heizkosten eingespart werden können – und das ganz ohne Eigen-PV. Mit PV wird das System noch effizienter. So hat man nicht nur den Komfort, sondern auch ein echtes Systemelement für die Energiewende.

Wenn wir es schaffen, die Stärken beider Systeme gezielt zu kombinieren, dann haben wir
eine Lösung, die effizient, ökologisch und versorgungssicher ist – und die am Ende auch die Menschen begeistert. Denn vergessen wir nicht: Endkunden wollen Feuer.«

Andreas Schönfeld

Redaktion: Manche sehen in Kaminöfen eher ein Luxusgut als eine Notwendigkeit. Warum sollten sie in Neubauten überhaupt noch eine Rolle spielen?

Andreas Schönfeld: Weil moderne Öfen weit mehr sind als ein Lifestyle-Produkt. In hochgedämmten Neubauten reichen oft schon kleine Geräte mit 4 bis 6 Kilowatt Leistung, um einen wesentlichen Beitrag zu leisten. Sie bieten schnelle Wärme in Übergangszeiten, wenn die Wärmepumpe noch gar nicht läuft, und sie schaffen Behaglichkeit, die über reine Heiztechnik hinausgeht. Aber das Entscheidende ist: Sie geben den Bewohnerinnen und Bewohnern Unabhängigkeit und Sicherheit. Und genau das wird in Zeiten steigender Energiepreise und möglicher Engpässe immer wichtiger.

Redaktion: Was wünschen Sie sich von Politik und Fachwelt für die Zukunft?

Andreas Schönfeld: Vor allem mehr Technologieoffenheit. Wir sollten aufhören, Technologien gegeneinander auszuspielen. Die Wärmepumpe allein wird es nicht richten, und der Kaminofen allein auch nicht. Aber die Kombination ist unschlagbar. Leider wissen viele Energieberater, Heizungsbauer und Planer noch zu wenig über diese Synergien. Hier braucht es mehr Wissenstransfer und auch politische Signale.

Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person

Andreas Schönfeld ist Geschäftsführer der Austroflamm GmbH und engagiert sich zugleich in der branchenpolitischen Arbeit: Er gehört zum erweiterten Vorstand der Europäischen Feuerstätten Arbeitsgemeinschaft (EFA) und ist Mitglied im ­Werbeausschuss des Gesamtverbands Ofenbau (GVOB). In Gesprächen mit ­politischen Entscheidungsträgern setzt er sich für technologieoffene Regulierung und realistische Rahmenbedingungen in der Heiztechnik ein. Vor seinem Wechsel zu Austroflamm sammelte er langjährige Erfahrung in verantwortungsvollen ­Positionen der Feuerstättenindustrie.

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