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Trends und Stimmungslage in der Keramikbranche

Überwiegend glänzend

Seit Corona ist viel Geld in den Privathaushalten vorhanden, das sonst in Urlaubsreisen und anderweitigen Konsum investiert worden wäre. Das kochte alles auf Sparflamme. Dafür waren die Menschen aufgrund der Lockdowns und Homeoffice-Zeiten viel mehr zu Hause und entdeckten dabei Defizite bei der Wohnraumgestaltung – beispielsweise einen fehlenden Ofen oder Kamin. Die meisten Ofenbaubetriebe in Deutschland können sich seither vor Aufträgen kaum retten. Manche mussten bereits im Frühjahr 2021 (und das bereits zum zweiten Mal 2021) einen Annahmestopp für Neukunden verhängen, weil sie den Berg an Aufträgen in vertretbarem Zeitrahmen kaum abarbeiten konnten. Hierzulande wurde der Boom auch durch das Austauschgeschäft verstärkt, das der Fristablauf am 31.12. 2020 für die Außerbetriebsetzung von alten Öfen der Baujahre bis 1994 gemäß der 1. BImSchV bewirkte. Da bestand noch ein Überhang, der bis weit ins aktuelle Jahr und auch noch darüber hinaus anhält. Doch das war es nicht allein. Auch Neuanlagen wurden vermehrt bestellt.

Nun könnte man vermuten, dass die viele Jahre gegenüber Putzmaterialien ins Hintertreffen geratene Keramikbranche angesichts einer solchen massiven Nachfrage vielleicht trotzdem nur die (vielen) Brotkrümel abbekam, die bei der „Ofen-Schlemmerei“ vom Tisch fielen, nach dem Motto: Wenn ganz viel neu gebaut wird, ist eben auch ein bisschen mehr für die Keramik dabei. Doch wir haben uns umgehört (siehe „Stimmungsbarometer“) und sind zu der Überzeugung gelangt, dass die Keramik einen eigenen Schub verzeichnen konnte. Dies mag einerseits in der Renaissance historischer und historisierender Kachelfarben und -formen begründet liegen und andererseits darin, dass die Baufamilien durchaus bereit sind, bei Öfen eben auch etwas mehr Geld für noch hochwertigere Anlagen in die Hand zu nehmen und man die Vorzüge einer keramischen Ofeneinkleidung gegenüber reinen Putzöfen zu würdigen weiß. Ein dritter Grund dürfte sein, dass die Hersteller neben Retro-Kachelfarben und -mustern nach wie vor auch ganz neue Formate und Gestaltungen sowie Kombinationen aus neuen Glasuren und Texturen geschaffen haben, die ebenfalls viel Anklang finden. Insgesamt sieht es also nicht schlecht aus für die Branche – weder mit dem, was sie hervorbringt, noch mit den Zukunftsaussichten, die weiter positiv sind.

Foto: Gutbrod Keramik

Norbert Müller, Gutbrod Keramik

K&L: Was wird in letzter Zeit verstärkt nachgefragt? Wohin gehen die Design-Trends? Was wurde bei Ihnen hierzu neu entwickelt?

Norbert Müller: Wir haben festgestellt, dass allgemein wieder mehr verkachelte Öfen gebaut werden. Auch steigt der Keramikanteil am einzelnen Ofen. Renovierer und Sanierer lassen sich hochwertige Öfen bauen. Geld ist vorhanden, unter anderem wegen ausgefallener Urlaubsreisen. Die schlechte Verzinsung von Guthaben ermuntert zusätzlich zu Investitionen ins Wohneigentum. Bei den Öfen werden vermehrt klassische Themen nachgefragt, beispielsweise unsere Keramik in Tapetenoptik (K222 Florence; K216 Trostburg). Darüber hinaus beobachten wir eine Zunahme an Kachelherden, und es werden vermehrt handbemalte Kacheln geordert. Bei den Glasuren liegen wieder traditionelle Glanzglasuren, vorwiegend Grüntöne, im Trend. Moderne, großflächige Bauteile erhalten durch Handauftrag von Sonderglasuren eine sichtbare und spürbare Oberflächenstruktur. Bei den Formaten stellen wir eine Zunahme der normalformatigen Kacheln (Höhen 22, 25 und 28 cm) fest. Bei den Oberflächen sind durchlaufende Längs- beziehungsweise Querstrukturen (Wellen, Rillen, Zacken) beliebt, zum Beispiel K533 Welle; K30 Proline; gezackte Profilo-Platte. Letztere wird gerne auch als großflächige Wandverkleidung eingesetzt.

K&L: Wie schätzen Sie die aktuelle Marktentwicklung ein? Wie ist Ihr Ausblick auf die Zukunft?

Norbert Müller: Auch die Keramik-Hersteller können deutliche Zuwächse bei der Ofenkeramik feststellen. Das ausführende Gewerbe in unserer Branche stößt zwischenzeitlich an seine Grenzen, sowohl personell als auch von der Materialseite her.

Durchgehende Rillenstrukturen sind einer der Trends bei den Kachel-oberflächen von Gutbrod, hier die Keramik „K533 Welle“ in Weiß…

Rendering: Phb Planungsbüro Beier GmbH

Durchgehende Rillenstrukturen sind einer der Trends bei den Kachel-oberflächen von Gutbrod, hier die Keramik „K533 Welle“ in Weiß…
…und hier ein weiteres Beispiel, die „K30 Proline“.

Rendering: Phb Planungsbüro Beier GmbH

…und hier ein weiteres Beispiel, die „K30 Proline“.
Mit den Tapetenkacheln „K222 Florence“ und „K216 Trostburg“ feiern historische Keramikmuster eine Renaissance.

Rendering: Phb Planungsbüro Beier GmbH

Mit den Tapetenkacheln „K222 Florence“ und „K216 Trostburg“ feiern historische Keramikmuster eine Renaissance.
Mit diesem Herd in der Rillen- und Glanzkeramik „K58“ in Grün tritt ein traditioneller Farbtrend in Erscheinung.

Rendering: Phb Planungsbüro Beier GmbH

Mit diesem Herd in der Rillen- und Glanzkeramik „K58“ in Grün tritt ein traditioneller Farbtrend in Erscheinung.

Foto: Leutschacher

Martin Leutschacher, Leutschacher-Keramik

K&L: Was wird in letzter Zeit verstärkt nachgefragt? Wohin gehen die Design-Trends? Was wurde bei Ihnen hierzu neu entwickelt?

Martin Leutschacher: Auffällig ist, dass die Farbe Grün mit verschiedenen Oberflächenstrukturen wieder im Kommen ist. Das gilt auch für moderne Ofengestaltungen (siehe Bild unten). Bei den Stilöfen bleibt es aber hauptsächlich bei Schmelzweiß. Mein Eindruck ist, dass Keramik für gemauerte Öfen nach wie vor kaum nachgefragt ist.

Wenn Kacheln gewählt werden, dann für den ganzen Ofen, zum Teil auch mit historischen Kacheln. (siehe Zeichnung).

K&L: Wie schätzen Sie die aktuelle Marktentwicklung ein? Wie ist Ihr Ausblick auf die Zukunft?

Martin Leutschacher: Ich denke, nachdem die Leute zu Hause festgesetzt waren, ist vermehrt der Wunsch aufgekommen, das Eigenheim zu verschönern. Da gerade wir den Kachelofen nicht nur als Heizgerät sehen, sondern auch als „Möbelstück“, das den Raum aufwertet, ist uns die Corona-Zeit positiv entgegengekommen. Es wäre schön, wenn‘s so weitergeht, aber ich traue dem Braten nicht so ganz.

Traditionelles Grün in changierender Tönung und mit abwechslungsreichen Texturen macht sich auch in einer hochmodernen Wohnumgebung gut.

Foto: Leutschacher

Traditionelles Grün in changierender Tönung und mit abwechslungsreichen Texturen macht sich auch in einer hochmodernen Wohnumgebung gut.
Bei Stilöfen von Leutschacher liegt nach wie vor Schmelzweiß  dominierend im Trend.

Foto: Leutschacher

Bei Stilöfen von Leutschacher liegt nach wie vor Schmelzweiß
dominierend im Trend.
Wenn Kacheln gewählt werden, so wird nach Martin Leutschachers Erfahrung gleich der gesamte Ofen damit eingekleidet.

Foto: Leutschacher

Wenn Kacheln gewählt werden, so wird nach Martin Leutschachers Erfahrung gleich der gesamte Ofen damit eingekleidet.

Foto: Seyffarth

Christian Seyffarth, Seyffarth Keramik

K&L: Was wird in letzter Zeit verstärkt nachgefragt? Wohin gehen die Design-Trends? Was wurde bei Ihnen hierzu neu entwickelt?

Christian Seyffarth: Wir sehen aktuell eine Renaissance historischer Keramiken und auch Farben. Bei den Kacheln liegen vermehrt klassische Texturen im Trend, beispielsweise das, was landläufig als „Tapetenkacheln“ bezeichnet wird. Dies wird gerne mit unseren traditionellen Säulenöfen kombiniert. Beides freut uns natürlich, weil es ein Alleinstellungsmerkmal der Keramik ist, das sich so mit Putz oder anderen Oberflächen eben nicht abbilden lässt. Auch bei den Farben ist ein Retro-Trend erkennbar: Auf einmal werden wieder kräftige Grüntöne geordert, das typische „Flaschengrün“ oder „Blaugrün“ beispielsweise mit einem ordentlichen Blauanteil, und kürzlich haben wir auch einen Ofen in Russischgrün konfektionieren dürfen. Das ist natürlich nicht durchgängig so – Weiß und Erdtöne sind deswegen nicht „abgesagt“, aber wenn Sie nach einem neuen Trend fragen, dann sehe ich ihn tatsächlich in dieser Rückbesinnung auf traditionelle Farben und Texturen.

K&L: Wie schätzen Sie die aktuelle Marktentwicklung ein? Wie ist Ihr Ausblick auf die Zukunft?

Christian Seyffarth: Es lässt sich klar feststellen, dass wir im vergangenen und auch in diesem Jahr nach Jahren der Durststrecke und der Ungewissheiten in der Branche ganz allgemein eine sehr gute Auftragslage verzeichnen konnten. Das gilt auch für unser Unternehmen, und natürlich sind wir froh darüber. Ob sich das in der Zukunft so fortsetzen wird, halte ich für einen gewagten Blick in die Glaskugel. Ich bin da eher nicht blind euphorisch, denn der Trend zur Keramik aber auch zur Einzelraumfeuerung kann durch von uns kaum beeinflussbare Faktoren auch recht schnell wieder abebben. Also: Freude und Dankbarkeit für die aktuelle Situation: ja – und, natürlich, Hoffnung für eine stabile Auftragslage auch in der Zukunft.

Grüntöne mit einem kräftigen Blauanteil (hier ein Ofen in „Classico-Keramik 5.1“ liegen bei Seyffarth klar im Trend.

Foto: Seyffarth

Grüntöne mit einem kräftigen Blauanteil (hier ein Ofen in „Classico-Keramik 5.1“ liegen bei Seyffarth klar im Trend.
Weiß („hier Classico 6.1“) und Brauntöne sind deswegen aber nicht abgesagt.

Foto: Seyffarth

Weiß („hier Classico 6.1“) und Brauntöne sind deswegen aber nicht abgesagt.
Neben klassischen Farben werden auch klassische Strukturen (hier „Regolo 1.1“ bzw. „Stilo-Flora 4“ verstärkt nachgefragt.

Foto: Seyffarth

Neben klassischen Farben werden auch klassische Strukturen (hier „Regolo 1.1“ bzw. „Stilo-Flora 4“ verstärkt nachgefragt.

Foto: Sommerhuber

Christian Sommerhuber, Sommerhuber

K&L: Was wird in letzter Zeit verstärkt nachgefragt? Wohin gehen die Design-Trends? Was wurde bei Ihnen hierzu neu entwickelt?

Christian Sommerhuber: Wir beobachten eine verstärke Nachfrage beziehungsweise einen Trend zu flächigen, dezent haptischen Oberflächen. Siehe unsere Keramik „Napa fein“. Obwohl matte Oberflächen und Glasuren weiterhin vorrangig sind, spüren wir eine verstärkte Nachfrage beziehungsweise einen Trend zu Glanzglasuren. Nachdem weiterhin großflächige Gestaltungen gefragt sind, entwickelt sich ein Paralleltrend hin zu vollkeramischen, puristisch-kubischen Kachelofen-Bauformen mit traditionellen 22  x  22-Kachelformaten, bei uns neu interpretiert mit Glasuren wie „verwittert“.

K&L: Wie schätzen Sie die aktuelle Marktentwicklung ein? Wie ist Ihr Ausblick auf die Zukunft?

Christian Sommerhuber: Pandemiebedingte Investments in das eigene Heim hatten auch positive Auswirkungen auf die Feuerstätte, mit verstärktem Wunsch, nicht nach keramischem Dekor, aber nach originalen Ofenkacheln und dem damit verbundenen echten Wärmespeichern.

Das zeitgemäß puristische Design kombiniert mit der neuen Struktur „Napa fein“ lässt Kachelöfen und Kachelkamine mit lebendigen Oberflächen entstehen. Liebe zum Detail drückt sich durch die Oberflächenstruktur der Ecken und Kanten aus.

Fotos: Sommerhuber

Das zeitgemäß puristische Design kombiniert mit der neuen Struktur „Napa fein“ lässt Kachelöfen und Kachelkamine mit lebendigen Oberflächen entstehen. Liebe zum Detail drückt sich durch die Oberflächenstruktur der Ecken und Kanten aus.

Foto: Zehendner

Josef Regner, Zehendner Keramik

K&L: Was wird in letzter Zeit verstärkt nachgefragt? Wohin gehen die Design-Trends? Was wurde bei Ihnen hierzu neu entwickelt?

Josef Regner: Der Trend zur Großkeramik hält ungebrochen an. Wir stellen aber auch fest, dass das 22er-Kachelmaß bei vielen Kachelöfen wieder von großem Interesse ist. Auch die sogenannten Tapetenkacheln oder Rillenoberflächen werden im Design gut aufgenommen. Weiterhin sind bei den Glasuren Hellbeige und warme Erdtöne sowie Grau und Anthrazit immer wieder nachgefragt. Ein wirklicher Trend ist das gute alte Flaschen- oder Moosgrün auf glatten Oberflächen in unterschiedlichsten Kachelgrößen. Die Kombination von Moderne im Format und Tradition in der Glasur hat große Beliebtheit. Sehr erfreulich ist, dass heute wieder viele Kachelofenanlagen mit großem Keramikanteil geplant und verkauft werden. Das Speichern der Wärme wird sehr gewünscht.

K&L: Wie schätzen Sie die aktuelle Marktentwicklung ein? Wie ist Ihr Ausblick auf die Zukunft?

Josef Regner: Ich verweise hierzu auf meine nach wie vor gültigen Aussagen aus dem Juni 2021: Gerade in Zeiten, wo es in anderen Bereichen des täglichen Lebens kriselt, ist in unserer Branche eher ein positiver Trend zu spüren. Für den Endkunden stellt das Heizen mit Holz eine gewisse Sicherheit und Unabhängigkeit gegenüber Gas, Strom und Öl dar. Die finanziellen Mittel sind oftmals vorhanden, und die Bereitschaft, ins Thema Heizen zu investieren, ist inzwischen ziemlich groß geworden.

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