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Flutopfer

Wie ein Ofenhaus im Ahrtal die Katastrophe erlebte

Den Abend und die Nacht vom 14. auf den 15. Juni 2021 werden Michael Baklarz und seine Frau nie vergessen. Zuerst stand nämlich deren Privathaus unter Wasser, und beide hatten schon dort die ganze Nacht über alle Hände voll mit Schadensbegrenzung zu tun. „Am 15. Juni war ich dann wieder im Laden“, so Baklarz, wo der nächste Schock auf ihn wartete: „Das Wasser der Ahr war zwischenzeitlich schon wieder zurückgegangen, aber die Höchstmarke in meinem Geschäft lag bei 3,20 Meter, sprich: das Erdgeschoss und auch noch ein Teil darüber waren voll geflutet. Wir haben dann gleich alles ausgeräumt und auf Container geladen, denn zu gebrauchen war nichts mehr. Die Flutbrühe war schließlich kein sauberes Wasser, sondern ein Gemisch aus braunem Schlamm, der auch mit Fäkalien kontaminiert war und dazu vermischt mit Öl aus übergelaufenen Heizöltanks und aus Autos. Man muss dazu sagen, dass mein Geschäft im Nebengebäude einer Tankstelle liegt. Es stank bestialisch! Nicht nur die Öfen in der Ausstellung waren dadurch ein Totalverlust, auch der gesamte Inhalt des Lagers, zu dem verderbliche Baustoffe wie Mörtel etc. zählten, waren nicht mehr zu gebrauchen. Wir mussten definitiv alles wegschmeißen.“ Zwei Tage hat Michael Baklarz nur Schlamm geschaufelt, der mit selbst organisierten und bezahlten Radladern abgefahren wurde. Zum Glück halfen ihm auch viele Freiwillige vor Ort. „Während der Aufräumphase hatten wir keinen Strom, kein Wasser, nichts. Strom ist übrigens auch erst seit vier Wochen wieder geschaltet“, sagt Baklarz.

Die gesamte Kundenkorrespondenz auf Papier und alle Steuerunterlagen waren ebenfalls weg, denn auch die Büroräume hatte es voll erwischt. Seinen Laptop hatte Michael Baklarz zum Glück mit nach Hause genommen, wo er den Flutschäden entging. Trotzdem war der Sachschaden erheblich: „Ein Auto war abgesoffen, und alle fürs Handwerk benötigten Maschinen waren nicht mehr zu gebrauchen“ ,resümiert Baklarz. Erfreulich einfach ging es mit der Telekom, die die Festnetznummer sofort aufs Handy umgeleitet hatte, sodass wenigstens die telefonische Erreichbarkeit normal gegeben war. Für seinen Handwerksbetrieb sah das anders aus: „Wir haben ja zum Glück immer fast ein halbes bis Dreivierteljahr Aufträge im Voraus. Einige Kunden hatten ihre Öfen allerdings schon angezahlt, und die Flut hatte nun das gesamte Material zunichte gemacht. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich das alles wieder zusammen hatte. Insgesamt waren wir wegen des Materialmangels ungefähr vier bis fünf Wochen ausgebremst.“ Lobend erwähnt Baklarz in diesem Zusammenhang die Firmen Kaschütz und Brula, die besonders schnell mit Material ausgeholfen hatten. Manche anderen Hersteller hätten lediglich ein paar Prozente Rabatt auf die Ware gewährt, das war’s. Enttäuschend, findet Baklarz, der bei den Firmen seit vielen Jahre ein guter Kunde war. Um so dankbarer ist er Institutionen wie der Gemeinde Ahrbrück und dem Bürgermeister, die sein Unternehmen mit Spendengeldern unterstützten. Baklarz‘ besonderer Dank gilt auch dem Bundesverband Onlinehandel e. V. (https://bvoh.de/), von dem das Ofenhaus ebenfalls Spendengeld bekam, obwohl Baklarz dort nicht einmal Mitglied ist.

Rückblickend war die Flutkatastrophe für Baklarz‘ Geschäft natürlich trotzdem „ein heftiger Schlag ins Kontor“. Verhängnisvollerweise war er nicht gegen Elementarschäden versichert. Die Gesamtschadenhöhe taxiert Baklarz irgendwo zwischen 140.000 und 160.000 Euro, wofür er auch Wiederaufbauhilfe bei der ISB-Bank beantragte. Die sollte ja dem Vernehmen nach „schnell und unbürokratisch“ gewährt werden – gesehen hat Baklarz davon bis im März 2022, als diese Geschichte gemacht wurde, noch keinen Cent. „Zurzeit ist immer noch alles noch in der Schwebe“, ärgert er sich, „und ‚unbürokratisch‘ ist da schon mal gar nichts! Papierkrieg ohne Ende, und die Formulare sind superkompliziert auszufüllen.“

Foto: Michael Baklarz

Tagelang war Schlamm schippen angesagt. Immerhin gab es tatkräftige Unterstützung durch Freiwillige, denen Michael Baklarz sehr dankbar ist.

Foto: Michael Baklarz

Tagelang war Schlamm schippen angesagt. Immerhin gab es tatkräftige Unterstützung durch Freiwillige, denen Michael Baklarz sehr dankbar ist.
Den Radlader hatte Michael Baklarz in Eigenregie beschafft und bezahlt. Bis heute sind großzügig angekündigte staatliche Hilfen ausgeblieben.

Foto: Michael Baklarz

Den Radlader hatte Michael Baklarz in Eigenregie beschafft und bezahlt. Bis heute sind großzügig angekündigte staatliche Hilfen ausgeblieben.
Baklarz‘ Halle liegt auf einem Tankstellengelände. Alle Öfen waren so mit Schlamm und Ölgestank kontaminiert, dass realistischerweise nur noch die Entsorgung blieb.

Foto: Michael Baklarz

Baklarz‘ Halle liegt auf einem Tankstellengelände. Alle Öfen waren so mit Schlamm und Ölgestank kontaminiert, dass realistischerweise nur noch die Entsorgung blieb.
Auch das Büro war komplett durcheinandergewirbelt, alle Akten unbrauchbar geworden. Zum Glück lag der Laptop in Sicherheit.

Foto: Michael Baklarz

Auch das Büro war komplett durcheinandergewirbelt, alle Akten unbrauchbar geworden. Zum Glück lag der Laptop in Sicherheit.
Land in Sicht – der grobe Schlamm ist raus, die Renovierung des Gebäudes kann beginnen.

Foto: Michael Baklarz

Land in Sicht – der grobe Schlamm ist raus, die Renovierung des Gebäudes kann beginnen.

Bis jetzt hat Michael Baklarz den Wiederaufbau seines Ofenhauses mit Ausnahme der oben erwähnten Zuwendungen komplett aus eigenen Rücklagen finanziert. Trotzdem ist er kein Mensch, der jammert. „Es ging bei mir ja noch, bei anderen war es schlimmer“, resümiert er. Allerdings gibt es da ja auch noch die Begleiterscheinungen der Corona-Krise, unter denen alle leiden. „Aktuell haben wir sehr mit den Teuerungszuschlägen zu tun. Zum Jahreswechsel waren es Material- und Transportkostenzuschläge, und zum 1.4. hat jetzt schon wieder ein Hersteller eine Preiserhöhung um satte 22 Prozent angekündigt. Irgendwann ist das den Endkunden auch nicht mehr vermittelbar.“ Hält er sich dies vor Augen, würde er schon gerne manchmal alles hinschmeißen. Aber Aufgeben ist für Michael Baklarz dann doch keine Option. Und auch wenn seine Ofenausstellung zurzeit noch als Lagerraum dienen muss, möchte er sie dennoch in Kürze wieder für die Kundenberatung öffnen können. Das Jahr 2022 ist noch jung, da ist noch alles drin!

Bilder von heute, der Laden läuft wieder, wenn auch noch nicht alle Schäden beseitigt sind.

Foto: Michael Baklarz

Bilder von heute, der Laden läuft wieder, wenn auch noch nicht alle Schäden beseitigt sind.

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