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Umdenken Gefragt

Fünf Kreativscheren in unserem Kopf

Seien Sie kreativ.“ „Machen Sie sich im Kopf frei.“ „Denken Sie mal in eine ganz neue Richtung.“ So klingt es meist, wenn Chefs ihre Mitarbeiter auffordern, neue Ideen zu entwickeln. Einfach alles hinter sich lassen, den „Reset“-Schalter im Kopf drücken und … Klappt das? Meist nicht!

Sie bemühen sich zwar, frischen Wind in Ihren Kopf zu lassen, grübeln und sinnieren, doch stellen ernüchtert fest: Ich lande stets bei den bekannten Lösungen. Sie sind frustriert und denken: Ich bin nicht kreativ. Doch, Sie sind kreativ. Vermutlich ist nur gerade eine „Schere“ in Ihrem Kopf aktiv, die jeden neuen Denkansatz sofort abschneidet. Hier ein Überblick über die häufigsten Scheren und wie man sie deaktivieren kann.

Schere 1: Die Gewohnheitsschere

Wie sie arbeitet: Sie haben eine wirklich neue Idee. Doch statt zu jubeln, spüren Sie Skepsis – auch bei sich selbst. Und Ihre Kollegen sagen: „So haben wir das noch nie gemacht.“

Warum sie aktiv wird: Unser Gehirn zieht bekannte Lösungen unbekannten vor. Denn das geht schneller, als stets neue Lösungen zu entwerfen. Mit diesem Mechanismus schafft es unser Kopf, die meisten Alltagsprobleme effektiv zu lösen.

Wie Sie diese Schere deaktivieren: Arbeiten Sie die Idee aus, die Ihnen im Kopf herum spukt – selbst wenn sie Ihnen zunächst absurd erscheint. Stellen Sie sich vor, Ihr Chef hätte Ihnen zur Vorgabe gemacht: Es muss eine ganz neue Lösung sein. So zwingen Sie Ihr Gehirn, die Gewohnheitsschere auszuschalten.

Und Ihrem Kollegen, der sagt „Das haben wir noch nie gemacht“. Den setzen Sie mit der Rückfrage „Ist die Idee deshalb gut oder schlecht?“ schachmatt. Antwortet er „schlecht“ bitten Sie ihn um eine fachliche Begründung. Das zwingt ihn, sich inhaltlich mit Ihrer Idee zu befassen.

Schere 2: Die Machbarkeitsschere

Wie sie arbeitet: „Geht nicht!“ Sobald Sie eine Idee haben, fallen Ihnen Tausend Gründe ein, warum sie nicht umsetzbar ist.

Warum sie aktiv wird: Unser Kopf ist auf Gefahrenabwehr programmiert. Unsere Urahnen erachteten alles, was sie nicht kannten oder einschätzen konnten, zunächst als gefährlich – aus Vorsicht. Das haben wir verinnerlicht. Deshalb warnt Sie Ihr Kopf immer erst vor den Gefahren und Mühen einer neuen Lösung.

Wie Sie diese Schere deaktivieren: Bevor neue Ideen Realität werden, gilt es stets, Hindernisse zu überwinden. Fragen Sie sich bezogen auf jeden Einwand: Wie kann ich dieses Hindernis am besten überwinden? Entwickeln Sie aus den Antworten einen Aktionsplan. Und wie gewinnen Sie Ihre Kollegen? Setzen Sie Ihre Idee in Bezug zu großen Ideen, die Realität wurden. Sagen Sie zum Beispiel: „Die Menschheit ist zum Mond geflogen. Nennen Sie mir einen Grund, warum dann diese Idee nicht realisierbar sein sollte?“

Schere 3: Die Wissensschere

Wie sie arbeitet: Sie suchen nach einer Lösung für ein Problem. Doch Ihr Kopf entpuppt sich als Faulpelz und suggeriert Ihnen: „Die gibt es nicht.“

Warum sie aktiv wird: Wenn unser Gehirn keine Lösung weiß, dann suggeriert es uns oft: Es gibt keine. Das ist meist Unsinn, aber gut für unser Selbstwertgefühl. Denn wenn wir permanent denken würden „Ich weiß zu wenig“, dann würde dies unser Selbstvertrauen erschüttern. Glauben Sie nicht alles, was Ihnen spontan durch den Kopf geht.

Wie Sie diese Schere deaktivieren: Gehen Sie ab heute davon aus, dass es für alles eine Lösung gibt. Sie wissen nur noch nicht, welche. Formulieren Sie konkrete Suchfragen und kontaktieren Sie Experten aus anderen Bereichen. Sie werden erstaunt sein, für wie viel es eine Lösung gibt – wenn man ums Eck denkt. Und Ihren skeptischen Kollegen bieten Sie eine Wette an: „Ein Essen beim Nobel-Italiener, wenn ich eine Lösung finde.“ Sie werden überrascht sein, wie schnell diese einknicken.

Schere 4: Die Regelschere

Wie sie arbeitet: Diese Schere wird schon sehr früh aktiv. Bevor Sie überhaupt in eine neue Richtung denken, sagt sie Ihnen: „Das darf man nicht.“ Das verbietet zum Beispiel die DGSVO.

Warum sie aktiv wird: Von früher Kindheit an hören wir: „Das darfst Du nicht.“ „Das macht man nicht.“ Entsprechend schnell passen wir uns im Berufsleben den Regeln der Umgebung an – oft zu perfekt! Denn wer auf keinen Fall anecken möchte, beschneidet seine Kreativität, indem er sofort denkt: Was sagen die anderen wohl, wenn … Wie reagieren die Kunden, wenn …..

Wie Sie diese Schere deaktivieren: Stellen Sie sich zwei einfache Fragen: „Warum sollte das nicht erlaubt sein?“ Und: „Was könnte im schlimmsten Fall passieren?“. Gewöhnen Sie sich die „Strategie des sanften Bulldozers“ an: Niemanden fragen, erst mal machen! Dabei werden Sie schnell feststellen: Die meisten Regeln können Sie mühelos beiseiteschieben.

Schere 5: Die Widerspruchsschere

Wie sie arbeitet: Diese Schere achtet genau darauf, wie unsere Umwelt auf unsere Worte und Ideen reagiert. Sobald Widerspruch droht, signalisiert sie: Stopp!

Warum sie aktiv wird: Wir wollen nach außen als logisch denkende und handelnde Menschen erscheinen. Was irrational oder widersprüchlich wirken könnte, ist uns nicht geheuer: Gestern noch dagegen, heute dafür – da fühlen wir uns schnell als Wendehälse. Mit dieser Haltung manövrieren wir uns aber so manches Mal ins kreative Abseits. Denn die Dinge ändern sich nun mal schnell – das haben uns die Monate seit Ausbruch der Corona-Pandemie überdeutlich gezeigt. Die Widerspruchsschere hat schon manchen klugen Manager in einen Betonkopf verwandelt.

Wie Sie diese Schere deaktivieren: Denken Sie in Alternativen und legen sich nicht zu früh auf eine Option fest. Das ist beim kreativen Denken ein Qualitätsmerkmal! Denn wer weiß in Zeiten der Veränderung beziehungsweise Marktumbruchzeiten wirklich, welche Strategien und Ideen am Ende wirklich funktionieren? Deshalb ist es sinnvoll, einen Plan B parat zu haben. Erklären Sie das Ihren Kollegen. Dann erscheinen Sie als jemand der alle Eventualitäten und möglichen Szenarien berücksichtigt.

Fazit

Wie so vieles, was sich die Natur ausgedacht hat, haben auch die Scheren in unserem Kopf einen Sinn. Sie geben uns Sicherheit und Halt. im täglichen Leben. Doch manchmal stehen sie uns im Weg – zum Beispiel, wenn unsere Kreativität auf Hochtouren arbeiten soll. Dann sollten wir sie auf jeden Fall deaktivieren und unseren Gedanken freien Lauf lassen.

Autor

Dr. Jens-Uwe Meyer
ist Autor mehrerer Fachbücher zum Themenkomplex Innovation und Digitalisierung in Unternehmen – u. a. „Digitale Gewinner: Erfolgreich den digitalen Umbruch managen“, „Digitale Disruption: Die nächste Stufe der Innovation“ und „Radikale Innovation: Das Handbuch für Marktrevolutionäre“. Mit seinem Unternehmen Innolytics, Leipzig, entwickelt er Software, die Unternehmen im Ideen-, Innovations- und Wissensmanagement unterstützt. Zu diesen Themen ist er auch ein gefragter Referent und Vortragsredner

Foto: Jens-Uwe Meyer

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