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Herausforderungen im Alltagsleben

Selbstwirksamkeit von Mitarbeitern erhöhen

Menschen sind verschieden. Diese Erfahrung sammeln wir täglich – beruflich und privat. So registrieren wir zum Beispiel immer wieder, dass manche Männer und Frauen, wenn sie vor neuen Herausforderungen stehen, sofort denken und oft auch sagen: „Das kann ich nicht.“ Entsprechend zögerlich gehen sie die Herausforderung an. Das schmälert auch die Erfolgswahrscheinlichkeit.

Andere Menschen hingegen denken bei derselben Herausforderung vielleicht zunächst auch: „Oh Schreck, was kommt da auf mich zu?“ Doch dann gewinnt in ihnen die Überzeugung überhand: „Irgendwie schaffe ich das schon. Schließlich habe ich schon viele Herausforderungen gemeistert.“ Entsprechend zuversichtlich gehen sie die Aufgabe an. Und meist gelingt es ihnen auch, diese zu meistern – auch weil sie nach dem ersten Fehlversuch nicht sogleich die Flinte ins Korn werfen.

Auffallend ist: Wie selbstbewusst und zuversichtlich Menschen neue Aufgaben angehen, hat oft wenig mit ihren realen Fähigkeiten zu tun. Immer wieder registriert man, dass Personen, die eigentlich für das Lösen bestimmter Aufgaben prädestiniert wären, bei deren Anblick der Mut verlässt. Andere hingegen, von denen man denkt „Der muss noch viel lernen“, gehen beherzt ans Werk. Das zeigt: Wie wir auf Herausforderungen reagieren, hängt weitgehend von unserer subjektiven Gewissheit ab „Irgendwie kann ich die Aufgabe schon lösen. Auch wenn ich noch nicht weiß wie.“

Auf Erfolg oder Misserfolg programmiert?

Diese positive Grundüberzeugung „Irgendwie schaffe ich es schon“ ist bei Menschen verschieden stark ausgeprägt. Während manche, bildhaft gesprochen, eher auf Erfolg programmiert sind, sind andere auf Misserfolg programmiert. Entsprechend unterschiedlich verarbeiten sie Rückschläge. Eine selbstwirksame Person – also eine Person, die in ihre Kompetenz, auch neue Aufgaben zu lösen, vertraut – denkt nach einem Fehlversuch zum Beispiel: „Dass es nicht klappte lag daran, dass ich hiermit noch wenig Erfahrung hatte. Also lass’ mich einen zweiten Versuch wagen und dabei das durch den Misserfolg erworbene Wissen anwenden.“ Sie reflektiert also durchaus ihr Tun. Der Fehlversuch ist für sie aber kein Anlass, grundsätzlich an sich und ihrer Kompetenz zu zweifeln.

Anders reagiert eine wenig selbstwirksame Person. Sie denkt nach einem Fehlversuch zum Beispiel: „Ich habe doch gleich gewusst, dass ich das nicht kann und daran wird sich nichts ändern.“ Also startet sie keinen zweiten Versuch. Oder sie startet ihn nur widerwillig – zum Beispiel, weil ihr Chef sie dazu „verdonnert“ hat. Entsprechend groß ist die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Scheiterns. Und dieses Scheitern wirkt sich wiederum negativ auf die Erwartung aus, mit der die Person künftig ähnliche Herausforderungen angeht.

Eine neue Schlüsselkompetenz – beruflich und privat

Das ist schade! Denn in unserer von rascher Veränderung geprägten Welt werden wir immer häufiger mit neuen Herausforderungen konfrontiert – beruflich und privat. Also wird es zu einer Schlüsselkompetenz, mit ihnen adäquat umzugehen. Das haben auch die Personalverantwortlichen in den Unternehmen erkannt. Sie debattierten in den letzten Jahren intensiv unter der Überschrift „Beschäftigungsfähigkeit“ beziehungsweise „Employability“ über dieses Thema und kamen zur Erkenntnis: Künftig müssen unsere Mitarbeiter verstärkt über folgende Eigenschaften verfügen:

  • die Fähigkeit zur Selbstreflexion,
  • Offenheit für neue Ideen und Problemlösungen,
  • die Fähigkeit zum Umgang mit ungewohnten Situationen und Konstellationen,
  • Lernfähigkeit und -bereitschaft. Und:
  • die Fähigkeit zum Erkennen und die Bereitschaft zum Nutzen von Chancen.
  • Auf den Punkt gebracht bedeutet dies: Die Unternehmen erwarten zunehmend, dass ihre Mitarbeiter und Teams sich selbstbewusst neuen Herausforderungen stellen und diese meistern; außerdem, dass sie sich eigeninitiativ die Fähigkeiten aneignen, die sie zum Wahrnehmen ihrer Funktion in der Organisation (künftig) brauchen. Oder anders formuliert: Ihre Mitarbeiter und Teams sollen selbstwirksamer sein.

    Woraus sich unsere Selbstwirksamkeit speist

    Doch wie kann eine Person ihre Selbstwirksamkeit erhöhen? Laut Untersuchungen des kanadischen Psychologen und Lerntheoretikers Albert Bandura, der leider im Juli 2021 verstarb, speist sie sich vor allem aus folgenden vier Quellen:

  • Eigene Erfahrungen im Meistern von schwierigen Situationen: Sie sind für den Ausbau der Selbstwirksamkeit sehr wichtig. Denn wer schon wiederholt die Erfahrung gesammelt hat, schwierige Aufgaben lösen zu können, traut sich dies auch künftig zu. Von besonderer Bedeutung sind dabei sogenannte „mastery experiences“. Sie entstehen, wenn eine Person eine Situation oder Aufgabe meistert, von der sie zunächst nicht wusste: Wie soll und kann ich sie lösen?
  • Lernen an Modellen und von Vorbildern: Beobachtet eine Person eine andere beim Lösen einer schwierigen Aufgabe, dann kann dies ebenfalls ihr Selbstvertrauen stärken – getreu der Maxime: „Wenn der oder die das kann, dann kann ich das auch!“ Eine Voraussetzung hierfür ist: Zwischen den beiden Personen besteht eine gewisse Ähnlichkeit. Sie müssen zum Beispiel eine ähnliche Biografie oder Persönlichkeitsstruktur haben.
  • Soziale und emotionale Unterstützung: Auch durch ermutigenden Zuspruch gewinnen Menschen Vertrauen in ihre Fähigkeiten – jedoch nur, wenn sie der Person, die sie anspornt, die erforderliche Kompetenz zum Beurteilen ihres Könnens zuschreiben. Ebenfalls positiv auf die Selbstwirksamkeit wirkt sich das Wissen aus: „Wenn es eng wird, kann ich auf Unterstützer zurückgreifen“ – fachliche oder emotionale.
  • Physiologische sowie emotionale Zustände und Reaktionen: Menschen schließen aus ihren Emotionen und körperlichen Reaktionen auf ihre Fähigkeiten. Verspüren sie zum Beispiel Herzrasen, wenn sie vor einer Aufgabe stehen, dann denken sie meist unmittelbar „Ich kann das nicht“ – häufig noch bevor sie die Machbarkeit geprüft haben. Deshalb ist es wichtig, die Ursachen der eigenen Emotionen und physiologischen Reaktionen analysieren zu können. Ist die Reaktion der Aufgabe angemessen oder handelt es sich nur um eine erste „Schreckreaktion“?
  • Die Selbstwirksamkeit von Mitarbeitern und Teams erhöhen

    Die Kenntnis dieser Quellen ermöglicht es uns für Personen und Teams Lernumgebungen zu kreieren, die deren Selbstwirksamkeit fördern. Unabdingbar hierfür ist es, sich regelmäßig Herausforderungen zu stellen, bei denen man zunächst vermutet „Diese Aufgabe könnte mich (beziehungsweise uns) überfordern.“.Denn an solchen Aufgaben wachsen wir.

    Beim Versuch entsprechende Aufgaben zu lösen, ist sinnvoll, diese als Projekt zu sehen und zunächst zu analysieren: Welche Teilaufgaben sind hiermit verbunden? In einem zweiten Schritt können wir dann ermitteln, ob uns die Gesamtaufgabe oder nur gewisse Teilaufgaben erschauern lassen. Ist dies klar, können wir untersuchen, warum wir zurückschrecken. Zum Beispiel, weil uns Ressourcen und Kenntnisse fehlen? Oder weil wir hiermit noch keine Erfahrung haben? Oder weil die Lösung von uns erfordert, gewisse Gewohnheiten aufzugeben? Oder weil beim Lösen der Aufgabe Konflikte mit Kollegen absehbar sind? Haben wir dies ermittelt, können wir einen vorläufigen Aktionsplan erstellen und aus den Teilaufgaben Teilziele ableiten, die es auf dem Weg zum großen Ziel zu erreichen gilt. Zudem können wir die nötige Unterstützung organisieren. Wichtig ist ein weiterer Punkt, der leider oft vergessen wird: Da das Bewältigen der Herausforderung auch dem Steigern unserer Selbstwirksamkeit dient, sollten wir als Einzelperson oder Team zudem Lernfelder definieren, in denen wir unsere Kompetenz erweitern möchten. Außerdem sollten wir Kriterien definieren, wie wir das Erreichen der Lernziele messen.

    Sich in eine Lernspirale begeben

    Die in dem Projekt definierten Teil- und Lernziele haben eine unterschiedliche Funktion. Das Definieren von Teilaufgaben und -zielen soll uns primär helfen, einen realistischen Aktionsplan zu erstellen, so- dass wir nach dem Projekt mit einer hohen Wahrscheinlichkeit sagen können: „Wow, das war zwar anstrengend. Doch ich habe (beziehungsweise wir haben) es geschafft.“ Und wenn wir das Projektziel wider alle Erwartungen doch nicht oder nur teilweise erreichen? Dann ermöglicht uns das Definieren von Teilaufgaben im Rückblick zu analysieren: Welche Teilaufgaben habe ich (beziehungsweise haben wir) mit Bravour gelöst und wo traten Schwierigkeiten auf? Das heißt, wir können unser „Scheitern“ relativieren und rationalisieren, was wichtig für unser Selbstvertrauen ist. Außerdem können wir dann neue Lernfelder und -ziele für uns definieren.

    Das Definieren von Lernzielen hat die Funktion, dass wir bei Projektende ermitteln können, welche neuen Kompetenzen wir – als Individuum oder Team – hinzugewonnen haben und welche vergleichbaren Aufgaben wir deshalb künftig problemlos meistern können. Zudem können wir so unseren noch bestehenden Entwicklungsbedarf ermitteln.

    Wenn wir beim Bewältigen von herausfordernden Aufgaben so vorgehen, begeben wir uns in eine Lernspirale, die einen systematischen Ausbau unserer Kompetenz als Person und/oder Team bewirkt. Wir steigern zudem unser Vertrauen in unsere Fähigkeit, neue Herausforderungen zu meistern und entwickeln so unsere Selbstwirksamkeit weiter.

    Autor

    Joachim Simon

    Joachim Simon, Braunschweig, ist als ­Führungskräftetrainer und Vortragsredner auf das Thema (Self-)Leadership spezialisiert (www.joachimsimon.info). Er ist ­Autor des im Haufe-Verlag erschienenes Buchs „Selbstverantwortung im Unternehmen“ und Co-Founder der (Self-)Leadership-Coaching-App Mindshine (www.mindshine.app).

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